Wie viel ist genug?

Klima, 31.08.2018

Seit sechs Jahren bieten sich Umweltaktivisten und Polizisten erbitterte Kämpfe um den Hambacher Forst - die Lage droht sich nun zuzuspitzen

Es ist schon lange kein friedliches Bild mehr, welches sich im Hambacher Forst abzeichnet: Fliegende Steine, zum Einsatz kommende Schlagstöcke und regelmäßige Verhaftungen sind an der Tagesordnung. Polizisten, RWE-Mitarbeiter und Umweltaktivisten bieten sich bereits seit sechs Jahren teils gewaltsame Kämpfe im Rheinischen Braunkohle-Revier. Wir haben uns gefragt: Bis zu welchem Zeitpunkt sind gesetzliche Bestimmungen noch „sinnvoll“ und die Kämpfe um den Wald „moralisch vertretbar“?

 

Flyer der Gruppierung, der zum Widerstand gegen
geplante Großräumungen im Forst aufruft

 

Umweltaktivisten wollen ein Zeichen gegen Umweltverschmutzung und Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft setzen

Aktuell befinden sich etwa 200 Braunkohlegegner in dem betroffenen Gebiet. Von überall her kommen sie, um den Hambacher Forst zu verteidigen und sich gegen den Abbau von Braunkohle zu stellen. Aktuell zählt man etwa 40 Baumhäuser, in denen die Menschen teilweise auch leben. Da RWE ankündigte im Oktober mit den Rodungen fortzufahren, finden sich derzeit immer mehr Besetzer ein. Neben friedlichen Diskussionsrunden, Spaziergängen und Kunstprojekten als Zeichen gegen Umweltverschmutzungen, gibt es auch immer wieder gewaltsamen Widerstand, der von vielen kritisiert wird.

RWE versucht ihr Recht regelrecht „durchzuprügeln“

Fakt ist: Auf dem Papier gehört der Hambacher Forst dem Energieversorgungskonzern RWE. Allerdings sind die Rodungen stark umstritten, da es nie eine Umweltverträglichkeitsprüfung gegeben hat und sich unter anderem bis zu 300 Jahre alte und sehr seltene Stieleichen und Hainbuchen in dem Forst befinden. Der Konzern beharrt auf sein Recht und zeigt sich den Besetzern teils gewaltbereit. Dieses „Durchprügeln“ von Gesetzen entfacht die Widerstandsbereitschaft der Besetzer erneut und führt nicht zu einer Lösung, sondern zu erneuten Problemen.

 

In dem 12.000 jährigen Wald befinden sich uralte Bäume und
seltene Pflanzen- und Tierarten, die unersetzlich sind
- Bild: Sarah Bertram

 

Moralapostel oder Gesetzesbrecher?

Auch wenn die Umweltaktivisten nicht immer mit fairen Mitteln kämpfen, setzen sie sich dennoch klar für ein Ziel ein, welches vermutlich viele im Land unterstützen würden. Einen uralten und weltvollen Wald abzuholzen, um die übrige Kohle ans Tageslicht zu befördern und dabei noch gewaltbereit auf sein Recht zu beharren scheint angesichts des fortscheitenden Klimawandels wenig sinnvoll zu sein. Und noch etwas anderes ist für die Besetzer sehr entscheident: „Der Hambi bietet Menschen die Möglichkeit, Ideen und Konzepte alternativen Zusammenlebens sowie anarchistischer Selbstorganisation zu entwickeln, auszuprobieren und weiter an ihnen zu arbeiten (...)", heißt es auf der Internetseite der Gruppierung.

Für Peter Wohlleben ist der Wald die „Technologie der Zukunft“

Auch Peter Wohlleben, Förster und Autor von „Das geheime Leben der Bäume“, setzt sich in verschiedenen sozialen Netzwerken für den Hambacher Forst ein: „Es ist möglich den Braunkohleabbau und die Abholzung von Bäumen sofort zu beenden. Angesichts des Klimawandels sollte der Abbau auch sofort gestoppt werden. (..) Ich rufe Euch auf alles zu tun, um diesen wertvollen Wald zu erhalten. Denn der Wald ist die Technologie der Zukunft.“

Die Frage ist also: Ab welchem Zeitpunkt sind gesetzliche Bestimmungen dieser Art einfach nicht mehr sinnvoll und wie sollte man vorgehen, um Gebiete wie den Hambacher Forst zu schützen? Denn nicht selten kommt es auf das Wie an.

  Sarah Bertram
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