aktuell, 30.11.2022
Einmal Adria und zurück - wir haben den Test gemacht.
Geredet wird viel über Klimaschutz, natürlich auch von uns Meteorologen. Doch nicht selten hindert einen, Sie kennen es vielleicht, die eigene Bequemlichkeit daran, einen aktiven Beitrag zur Verbesserung des CO2-Fußabdrucks zu leisten. Autofahren ist im nass-kalten Novembergrau einfach angenehmer als sich auf den Drahtesel zu schwingen.
Bei der Planung meinem letzten Kurztrips habe ich mir fest vorgenommen, den „bequemen Schweinehund“ in mir zu überlisten - und statt mit dem Flugzeug mit der Bahn zu reisen. Zwar bestreite ich inländische Reisen häufig mit der Bahn statt mich selbst hinters Steuer zu setzen; dieses Mal ging es aber über die Grenzen Deutschlands hinaus – nach Rimini.
Inwiefern die Bahn auf Langstrecke funktioniert und ob sie eine Alternative zum Flugzeug ist, wollte ich an eigenem Leib erfahren. Schon einmal vorweg: Wird eine Langstrecke, in meinem Fall immerhin 1200 bis 1300 km in mehrere Abschnitte aufgeteilt, taugt die Bahn für mich als Langstreckenalternative. So habe ich von meinem Startbahnhof im Rheinland zunächst die Schweiz als Zwischenziel angesteuert und eine Übernachtung eingeplant. Das kostet auf der einen Seite zwar Zeit am ursprünglichen Reiseort, dafür lernt man aber auch Orte kennen, die man im Flugzeug sonst unbeachtet überfliegt. Wäre ich mit einer Direktverbindung an die Adria bzw. wieder zurück gereist, hätte ich 10 bis 11, vielleicht sogar 12 Stunden im Zug gesessen.
Unangenehmer wurde dann die Rückfahrt. Bei meiner Rückreise verpasste ich den geplanten Eurocity bereits in Italien aufgrund einer Verspätung (Zugverspätungen sind also kein rein deutsches Problem!). Was folgte war ein Umsteigemarathon in die Ersatzzüge – fünf Umstiege, dabei immer mindestens ein Auge auf dem Minutenzeiger, um ja keinen Anschluss zu verpassen, hoben den Stresspegel dann zeitweise schon deutlich an. Der Druck vom Lauf bzw. der Fahrt gegen die Zeit war bei meiner Reise übrigens in Italien und Deutschland besonders ausgeprägt. Der Zugverkehr der Eidgenossen lief wie ein Schweizer Uhrwerk.
Fazit: Was tut man nicht alles fürs Klima! Keine Frage: Entspanntes Reise geht anders, vor allem dann, wenn der Verspätungsschatten über der Bahnreise liegt. Es liegt noch viel Arbeit vor den europäischen Bahngesellschaften, möchte man das Flugzeug als Langstreckengewinner hinter sich lassen. Die eigentliche Reisezeit ist dabei meiner Auffassung nach nicht einmal das Hauptproblem. Bei einer Flugreise verbringt man mitunter ja auch mehr Zeit am Check-In und den Sicherheitskontrollen als im Flugzeug selbst. Häufig liegen die angesteuerten Flughäfen zudem nicht in den Zentren des Reiseorts sondern weit außerhalb, so dass hier auch noch der Transfer zeitlich zu Buche schlägt. Das größte Manko der Bahnreise sind vielmehr spontane Verspätungen oder Ausfälle, die den gesamten Reiseplan über den Haufen werfen können.
Vorteile hatte die lange Bahnreise aber auch - so lassen sich wunderbar Dinge erledigen, für die im Alltag keine Zeit übrig ist. Drei schon leicht angestaubte Bücher habe ich während der Reise "weggelesen" und auch Arbeit am Notebook war entspannt zu erledigen. In Sachen Sitzkomfort punktet die Bahn eindeutig vor dem Flieger.
Ausdrücklich erwähnt werden sollte, dass die persönlichen Lebensumstände einen erheblichen Einfluss auf den Reisekomfort haben. Meine Erfahrungen, gereist wurde mit einer weiteren erwachsenen Person, sind rein subjektiv. Einer Familie mit mehreren Kindern und großen Gepäckstücken ist eine Bahnreise mit mehrfachem Umstieg wohl kaum zuzumuten. Es sei denn, die Eltern woll am Ziel der Reise so richtig urlaubsreif sein.
Karsten Brandt Team-Info Team-Kontakt |