Blanker Aktionismus statt sinvoller Verordnung

Neue Energien, 17.08.2022

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will öffentliche Gebäude nur noch auf höchstens 19 Grad beheizen.

Öffentliche Gebäude sollen nur noch auf höchstens 19 Grad beheizt werden - diesen Vorschlag zur Energieeinsparung warf Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in den aktuell noch warmen Raum. Doch was ist davon zu halten? Kurzschlussgedanke, Aktionismus oder wie man es sonst nennen mag - wir erklären, warum die Begrenzung der Temperatur auf 19 Grad eine unüberlegte Luftnummer ist!

Sinn und Zweck der Temperaturdrosselung soll eine Energieeinsparung sein, die sich irgendwo im Bereich von 5 bis 10 Prozent bewegt. Klingt erst einmal nicht schlecht - doch was nützt diese Einsparung wenn parallel mit der Temperatur auch die Produktivität sinkt? Oder die Krankenquote steigt?

Darüber hinaus spielen viele weitere Faktoren eine Rolle, ob bei den "magischen 19 Grad" eine (produktive) Arbeit überhaupt möglich ist. Zum einen natürlich das ganz individuelle Wärme- und Kälteempfinden der/des Angestellten; aber auch Alter und Geschlecht und nicht zuletzt natürlich die Art der Arbeit müssen betrachtet werden.

Was auch für die Politik sicherlich nicht neu sein dürfte: Je weniger Aktivität (40-80 W/m²) bei Büroarbeit aufgewendet wird, desto stärker das Kältempfinden. Wenn der innere Motor fehlt, wird eine Temperaturspanne von 20 bis 22 Grad im Büro meist als angenehm empfunden. In einer Werkstatt zum Beispiel, in der sich in der Regel mehr bewegt wird und körperliche Arbeit auf dem Programm steht, kann die Wohlfühltemperatur durchaus auch bei 17 bis 18 Grad liegen.

Auch die Beschaffenheit des Arbeitsumfelds lässt die 19-Grad-Idee komplett außen vor: Arbeitet man in einem geschlossen Raum? Verfügt der Raum über Fenster? Wenn ja wie viele? Und gibt es durch sie eine direkte Sonneneinstrahlung? Wie hoch ist die durchschnittliche Luftfeuchtigkeit? Wie ist es um die Wände gestellt? Ungedämmte Wände, wie sie vor allem in die Jahre gekommende öffentliche Gebäude gerne mal haben, und 19 Grad Lufttemperatur innen - wir frösteln schon beim Gedanken daran!  

Sie sehen: Einfach mal 19 Grad vorschlagen geht zwar schnell über des Bundeswirtschaftsministers Lippen. Bei genauer Betrachtung kann so eine Idee aber nur von verzweifelten Poltikern mit Hang zum Aktionismus kommen. Die "19" ist nicht mehr als eine willkürlich festgelegte Zahl, die sich unmöglich auf jedes Arbeitsumfeld übertragen lässt. In vielen, wir würden sogar sagen den meisten, Bereichen könnten die Sparmaßnahmen in einem unangenehmen Arbeitsklima gipfeln. Ungedämmte Rathausbüros und sanierungsbedürftige Schulen mit Einfachverglasung spielen hier sicherlich ganz vorne mit. Ein Unwohlklima reduziert die Arbeitslust, die Produktivität und womöglich den Krankenstand. Die (Arbeits-)welt ist eben nicht so einfach wie man in Berlin denkt.

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