Feinstaub als Virentaxi?

aktuell, 27.03.2020

Corona-Krise: Hängt die immense Infektions- und Todesrate in Norditalien mit der hohen Luftverschmutzung zusammen?

Warum die Letalität, also das Verhältnis der Verstorbenen zu den nachgewiesenen Coronafällen in Italien so eklatant höher ist als in Deutschland, dazu gibt es aktuell unterschiedliche Theorien. So stehen etwa demografische Aspekte, Italien hat die älteste Bevölkerung Europas, und das häufig generationenübergreifende Zusammenleben der Italiener als mögliche Ursachen ebenso im Raum wie eine schlechtere medizinische Versorgung. Zum Vergleich: Die Letalität liegt hierzulande zu Zeit bei etwa 0,5, in Italien bei 8,7 Prozent.

Doch auch Umweltaspekte geraten zur Zeit in den Fokus - erhöhen hohe Schadstoffbelastungen in der Luft Ausbreitung und Sterblichkeit in der Bevölkerung?

Fakt ist, dass der Norden Italiens, eines der Corona-Epizentren Europas, vor der Krisenzeit eine außerordentlich schlechte Luftqualität aufwies. Die durchschnittlichen PM2,5- und PM10-Feinstaubwerte bewegten sich hier besonders häufig über den europäischen Grenzwerten, der PM10-Feinstaub lag häufig bei Werten um 75 μg/m³.

Die europäischen Grenzwerte sehen bei PM10 einen jährlichen Durchschnittswert von 40 μg/m³ (PM2,5: 25 μg/m³) vor, der nicht überschritten werden darf bzw. darf ein Tageswert von 50 μg/m³ nicht häufiger als 35 Mal im Jahr überschritten werden.

Auch zu Beginn der Epidemie zwischen Mitte und Ende Februar war die Luftqualität im Norden Italiens sehr schlecht: Sowohl der PM10-, vor allem aber der PM2,5-Grenzwert wurden mit 50 μg/m³ deutlich überschritten.

Italienische Forscher bringen die rasante Ausbreitung des Coronavirus in Norditalien nun mit der hohen Luftverschmutzung in Zusammenhang - die Feinstaubteilchen sollen den Viren den Weg ebnen. Stichhaltige Beweise gibt es dafür aber noch nicht.

Trotzdem gibt es kaum einen Zweifel, dass eine hohe Luftverschmutzung über Jahre hinweg, wie sie etwa in der Lombardei gegeben ist, vor allem die ältere Bevölkerung deutlich angreifbarer für einen agressiven Virus macht als jene Bevölkerung, die in sauberer Luft lebt.

Das zeigte auch eine Studie welche den Zusammenhang von Luftqualität und Letalität bei der Ausbreitung des SARS-CoV in Augenschein nahm. Das Virus breitete sich Anfang der 2000er in China aus. Das deutliche Ergebnis: In Regionen mit moderater Luftverschmutzung lag die Sterblichkeit um 86 Prozent höher als in Regionen mit geringer Luftverschmutzung. Ein doppelt so hohes Risiko stellten die Forscher in Regionen mit einer hohen Luftverschmutzung fest.

Konstant hohe Feinstaubkonzentrationen schädigen nachweislich Herz und Lunge. Leichtes Spiel für ein Virus, gegen welches es noch kein Gegenmittel gibt.

Lesen Sie hier: "Höhere Sterberate an extrem luftschadstoffbelasteten Tagen? Daten von Bestattungsunternehmen geben Aufschluss."

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